Heutzutage begegnen uns immer wieder neue Begriffe, die oft als Modewörter abgetan werden. Autismus ist eine Mode, ADHS ist eine Mode und nun AuDHS (im englischen: AuDHD).
Natürlich ist dem nicht so. Was steckt hinter diesem Begriff und warum ist es wichtig, ihn ernst zu nehmen?
Was ist AuDHS?
AuDHS steht für die Kombination von Autismus und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). Diese beiden neurodivergenten Zustände können unabhängig voneinander auftreten, aber auch gleichzeitig bei einer Person diagnostiziert werden. Menschen mit AuDHS erleben somit sowohl die Merkmale des Autismus-Spektrums als auch die Symptome von ADHS.
Ursprung der Bewegung
Die Aufmerksamkeit für AuDHS hat in den letzten Jahren zugenommen, da immer mehr Fachleute und Neurodivergente darauf hinweisen, dass die Kombination von Autismus und ADHS häufig vorkommt und besondere Herausforderungen mit sich bringt. Die Bewegung, die sich eine eigene Diagnose für AuDHS wünscht, hat das Ziel, eine bessere Unterstützung und angemessenere Behandlungsansätze zu ermöglichen.
Wie häufig tritt AuDHS auf?
Es wird geschätzt, dass etwa 50-70% der autistischen Menschen auch ADHS-Symptome zeigen und umgekehrt etwa 20-50% der Menschen mit ADHS auch autistische Merkmale aufweisen. Diese hohe Überschneidung verdeutlicht die Notwendigkeit, beide Zustände bei Diagnosen und Behandlungen zu berücksichtigen.
Warum eine eigenständige Diagnose sinnvoll wäre
Eine eigenständige Diagnose für AuDHS könnte dazu beitragen, dass Menschen in diesem Spektrum spezifischer und effektiver unterstützt werden. Derzeit werden Autismus und ADHS oft separat betrachtet, was dazu führen kann, dass wichtige Symptome übersehen oder falsch interpretiert werden. Eine eigene Diagnose würde die Komplexität und die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit AuDHS anerkennen und könnte zu einer individuellen Unterstützung führen.
Wie äußert sich AuDHS?
Menschen mit AuDHS können eine Vielzahl von Symptomen erleben, die sowohl autistische als auch ADHS-typische Merkmale umfassen. Dazu gehören unter anderem:
- Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion: Schwierigkeiten, soziale Signale zu erkennen und angemessen zu reagieren, können mit Impulsivität und Unaufmerksamkeit kombiniert werden. Allerdings betrifft das meist den Kontakt zu nicht-autistischen Menschen. Soziale Interaktionen unter Neurodivergenten verläuft häufig reibungslos.
- Sensorische Empfindlichkeiten: Verstärkte Reaktionen auf Sinnesreize, die sowohl bei Autismus als auch bei ADHS auftreten können.
- Aufmerksamkeitsprobleme: Probleme, die Aufmerksamkeit zu fokussieren und aufrechtzuerhalten, können durch autistische Routinen und Rituale werden.
- Hyperfokus: Intensive Beschäftigung mit bestimmten Interessen oder Aufgaben, die sowohl bei Autismus als auch bei ADHS beobachtet werden können.
- Impulsivität und Unruhe: Schwierigkeiten, Impulse zu kontrollieren, kombiniert mit einer inneren Unruhe. ADHS ist z.B. bei Erwachsenen oft äußerlich nicht sichtbar.
- Exekutive Dysfunktion: Schwierigkeiten mit der Planung, Organisation und Durchführung von Aufgaben. Dies kann sich durch Probleme beim Zeitmanagement, beim Erstellen und Verfolgen von Plänen und beim Abschließen von Projekten zeigen.
Tauziehen der Symptome: Einblicke in den Alltag
Menschen mit AuDHS erleben oft ein „Tauziehen“ zwischen den Merkmalen von Autismus und ADHS, was sich in verschiedenen Situationen unterschiedlich auswirken kann:
- Arbeit und Organisation
Eine autistische Person könnte eine starke Neigung zur Strukturierung und Routine haben. Doch die ADHS-Komponente kann es ihr schwer machen, diese Routinen konsequent einzuhalten. Ein typischer Tag könnte mit einem gut durchdachten Plan beginnen, der jedoch schnell durch Ablenkungen und Impulsivität durcheinander gebracht wird. Dies führt zu Frustration und kann die Produktivität stark beeinträchtigen.
- Soziale Interaktionen
In sozialen Situationen könnte eine Person mit AuDHS sich auf Details konzentrieren, was typisch für Autismus sein kann. Gleichzeitig könnte ADHS dazu führen, dass sie impulsiv spricht oder handelt, was Missverständnisse oder unangemessene Reaktionen hervorrufen kann. Diese Dynamik führt häufig zu sozialer Isolation oder Konflikten.
- Sensorische Überlastung
Eine Person mit Autismus kann sensorische Überempfindlichkeiten haben, die sie dazu veranlassen, bestimmte Umgebungen zu meiden oder spezifische Routinen zu entwickeln. ADHS kann jedoch eine starke Reizoffenheit und Suche nach Stimulation mit sich bringen. Das Ergebnis kann eine ständige innere Unruhe sein, die es schwierig macht, sich in sensorisch anstrengenden Umgebungen zurechtzufinden, ohne überreizt zu werden.
Fazit
AuDHS ist alles andere als ein Modewort. Es beschreibt eine häufig auftretende Kombination zweier neurodivergenter Zustände, die spezifische Herausforderungen und Bedürfnisse mit sich bringt. Eine eigenständige Diagnose und eine umfassendere Diagnostik könnten dazu beitragen, dass betroffene Personen besser unterstützt und ihre Bedürfnisse gezielter adressiert werden. Bis dahin sollten Fachleute bei Verdacht auf Autismus auch ADHS in Betracht ziehen und umgekehrt, um sicherzustellen, dass alle relevanten Symptome berücksichtigt werden.
Dieser Artikel soll dazu beitragen, das Verständnis für AuDHS zu erhöhen und die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung und Unterstützung der Betroffenen zu unterstreichen.