top of page

Masking - Schutz oder Belastung?

Masking, also das bewusste oder unbewusste Anpassen an neuronormative Erwartungen, ist ein Thema, das seit Jahren in der Autismus-Community intensiv diskutiert wird. Neue Erkenntnisse werfen nun ein weiteres Licht auf die gesundheitlichen Auswirkungen und bringen frische Perspektiven in die Debatte.

Was ist Masking?

Autist*innen lernen oft, ihre neurodivergenten Merkmale zu verbergen, um gesellschaftliche Erwartungen zu erfüllen. Dazu gehört beispielsweise:


  • Blickkontakt erzwingen, obwohl es unangenehm ist.

  • Soziale Skripte auswendig lernen, um Gespräche flüssiger wirken zu lassen.

  • Reizreaktionen unterdrücken, z. B. auf laute Geräusche oder starke Lichter.

  • Gesichtsausdrücke bewusst steuern, um nicht "emotionslos" zu wirken.


Viele tun dies aus Angst vor sozialer Ablehnung oder negativen Konsequenzen im Beruf. Doch Masking hat seinen Preis.

Neue Erkenntnisse: Mehr als nur psychische Belastung

Während Masking bislang vor allem mit erhöhter Erschöpfung, Burnout und Angststörungen in Verbindung gebracht wurde, gibt es in der Forschung Anzeichen dafür, dass die Auswirkungen noch weiter reichen und weiter erforscht werden sollten:


  • Physische Gesundheit leidet: Erste Hinweise deuten darauf hin, dass chronisches Masking mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für stressbedingte Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Magen-Darm-Probleme korrelieren könnte.

  • Kognitive Ressourcen werden überlastet: Wer dauerhaft soziale "Checklisten" im Kopf durchgeht, hat weniger Kapazität für kreative oder analytische Denkleistungen.

  • Langfristige Identitätsprobleme: Menschen, die über Jahre hinweg maskieren, berichten oft von einem Verlust der eigenen Identität – sie wissen nicht mehr genau, wer sie sind, wenn sie nicht performen müssen.


Kritik am Masking-Begriff

Obwohl viele Autist*innen Masking als belastend erleben, gibt es auch kritische Stimmen zum Konzept:


  • Einige Forscher*innen argumentieren, dass Masking zu einseitig als "Zwang zur Anpassung" betrachtet wird, obwohl manche autistische Menschen bewusst und gerne soziale Strategien nutzen, um erfolgreicher zu kommunizieren.

  • Andere Stimmen aus der Community betonen, dass es keine einfache Trennung zwischen "authentisch" und "maskiert" gibt – soziale Anpassung kann situativ sinnvoll sein, sollte aber nicht zur Bedingung für gesellschaftliche Akzeptanz werden.




Was bedeutet das für den Umgang mit Masking?

Anstatt von Autist*innen zu erwarten, sich weiter anzupassen, sollten Arbeitswelt und Gesellschaft neurodivergente Kommunikationsweisen akzeptieren. Konkrete Ansätze könnten sein:


  • Bewusstsein in Unternehmen schärfen, dass nonverbale Kommunikation nicht zwingend "Desinteresse" bedeutet.

  • Flexible Arbeitsmodelle, die weniger soziale Erschöpfung fördern.

  • Mehr Akzeptanz für Neurodivergenz, statt Anpassung als Erfolgskriterium zu sehen.


Masking ist nicht per se „falsch“ – aber wenn es zur Dauerbelastung wird, braucht es alternative Wege. Vielleicht ist die eigentliche Frage nicht, ob Autist*innen zu viel maskieren, sondern warum sie es überhaupt müssen.

 
 
bottom of page